Grundlegendes
Die Ursache?
Es ist nicht die Gier. Es ist der Glaube daran, dass die Gier gut sei.
Und auch, dass ausreiche für uns, was unsere Gier will.
Und dass Gier und Mangel nichts miteinander zu tun hätten.
Dass Gier menschlich ist, das wissen wir. Dass menschlich und entschuldbar nicht dasselbe sind, das haben wir vergessen.
moccalover - 12. Mai, 22:28
sobald ich versuche, alles in mehr oder minder stummes Selbstgespräch umzusetzen, was ich gerade denke, und meinen Gedanken so zu folgen, wie sie rennen, und sie zu klären und zu verankern, verliert sich meine Konzentration auf die Formulierung, und der Gedanke bricht ab, denn die Sprache, die geordneten Sätze sind zu langsam, zu umständlich und zu einäugig, um den Gedanken in all seiner Vielfalt, all seinem Zusammenhang, rasch genug zu fassen, und so werde ich traurig.
moccalover - 19. Nov, 22:33
selbstbewusstsein heisst nicht, sich überlegen zu fühlen
nicht, sich besonders fähig oder glücklich zu glauben
nicht, jemand anderen zu erdrücken oder
sich ins zentrum zu stellen.
es heisst nur,
sich als sich selber unbekannt vorauszusetzen,
und dann offen und immer wieder zu fragen.
wer das eigentlich sei,
der oder die da steht, in diesem leben,
was man möge, und was man verabscheut,
was man könne, und wo man schwach sei,
was einem schmeichle, und was einen verletze,
was man wolle, und was man vermeide.
Und wenn man so fragt,
dann erfährt man nie alles, nicht im ganzen Leben.
Aber immerhin immer wieder etwas,
das man offen gefragt und erfahren hat.
Und schon mit der Fragestellung wird man frei,
kann Mauern einreissen, weil man zumindest ein bisschen
weiss, was man auf sich nehmen kann
und wo man sich verschwendet,
wo man sich zum Affen macht
und wo man frisch aufblüht,
wo man weiss, was man kann
und was man nicht kann.
moccalover - 5. Nov, 22:31
gibt es etwas Schöneres, als etwas unvermittelt zu lieben, von dem man bis dahin glaubte, man würde es verabscheuen?
und gibt es etwas Scheusslicheres, als etwas plötzlich zu hassen, von dem man glaubte, es lieben zu können?
gibt es etwas Schrecklicheres, als Gleichgültigkeit zu empfinden, wenn man sich Erregung versprach?
moccalover - 5. Nov, 22:27
Das grösste, das ursprünglichste und verheerendste Verbrechen, so glaube ich, ist der Selbstbetrug.
moccalover - 5. Nov, 22:27
Das Leben.
Ein Schlüssel, der mir Haus und Wohnung öffnet.
Ein paar Karten, mit denen ich Geld für Waren und Dienstleistungen erlangen kann.
Eine Karte, die meinen Namen trägt.
Überall Datenbanken, die diesen Namen auch kennen.
Ein paar Gewissheiten und ein paar Erinnerungen.
Wie ich heisse, und was früher geschehen ist.
Gesichter, die mich erkennen, und Herzen, die sich ein Bild von mir gemacht, die mich in ihre Welt eingebaut haben.
Viele Personalien und Passwörter, mit denen ich mich einklinke und die mir Zugänge öffnen.
Telefonnummern und Visitenkarten.
Geschichten, die mich einbringen, die mein Leben ausweisen.
Verhaltensweisen und eingeübte Gesten.
Ein Haufen Verträge, damit für dies und das gesorgt ist.
Gegenstände, die mich freuen, die ich nicht wegwerfen kann oder die ich benutze, ohne darüber nachzudenken.
Ein paar Narben, an denen ich mich besinne.
Das Glück, auf niemandes schwarzer Liste zu stehen.
Die Erinnerung als einzige Existenzgrundlage.
Ich habe nicht gewusst, dass ich alles hinter mir hertragen, um mich herum gruppieren und orchestrieren muss, um mich nicht zu verlieren, um mich orientieren und bewegen zu können, in meinem Leben. Ich dachte, ich könne alles vergessen und frei sein.
moccalover - 12. Okt, 00:38
Du hast jemand, der für dich Sandwichs streicht. Da ist einer, der deinen Zugsessel vom Staub befreit. Manche nähen für dich deine T-Shirts, wenn du noch im Pyjama steckst. Der Abfalleimer bei den Glascontainern ist immer geleert, wenn du am Samstagmorgen die Flaschen herausträgst und dann die leeren Plastiktüten wegwirfst. Wenn Du etwas gekauft hast und du verstehst es nicht, steht eine Nummer auf der Verpackung, unter der dir jemand mitten in der Nacht am Telefon antworten wird. Jemand hat die Rosen gehegt und geschnitten, mit denen du die Badewanne füllst. Das Buch über Dein nächstes Reiseziel hast du in einem Laden ohne Fenster gekauft. Damit nichts schiefgeht, sitzt in einem Glaskasten einer, der auf den Hauseingang aufpasst. Und um das Rind zu schneiden, aus dem dein Steak hervorging, stand jemand in der Kälte eines Kühlhauses. Warum zum Teufel willst du keine Reinigungskraft bei dir zuhause? Was bildest du dir ein?
moccalover - 2. Sep, 22:50
Es gibt die, die nicht sehen.
Es gibt die, die verdrängen.
Es gibt die, die kompensieren.
Aber niemand kann etwas tun.
Manche sagen: Wenn nur alle so wie wir!
Manche sagen: Es hilft eh’ nix!
Manche sagen: Es wird besser!
Manche sagen: Tue Gutes!
Wer Gutes tut, der vertreibt nicht das Böse.
Wer Gutes tut, von dem profitiert das Böse.
Wer Gutes tut, der entlastet das Böse.
Denn vom Guten ernährt sich gern das Böse, und es versteckt sich dahinter.
Noch nie hingen wir so eng zusammen, noch nie waren wir uns so fremd.
moccalover - 18. Aug, 21:41
Wenn mein Herz nicht mitzueilen vermag, sobald ich mich schneller als zu Fuss bewege, wo ist es dann jetzt, wo ich seit Jahren täglich mit dem Zug zwischen den Städten wechsle? Hat es sich bei meiner Verfolgung irgendwo auf dieser Strecke verloren, sieht mich zweimal am Tag vorbeirasen und versucht vielleicht ganz erschöpft für kurze Zeit, dem Zug hinterherzujagen? Bleibt es hier? Oder ist es des Nacheilens leid, und hat schon längst ein anderes Leben gefunden und besucht mich nur noch ab und an?
moccalover - 6. Aug, 23:15
santo subito. Das sagen einige, und manche schreiben es auf Plakate. Andere reiben sich die Geldzählhände, natürlich. Aber wenngleich es weltpolitisch unwichtig ist, ob der Vatikan die Karenzfrist zwischen Hinschied und Einleitung eines Sanktifizierungsverfahrens langsam auf Null verkürzt oder nicht - hinter dieser Frist stehen wohlüberlegte, gute Gründe (ein Lenker, wie es auch der Papst ist, sollte wenn möglich nicht in Versuchung kommen, sich schon als lebendig-halbheilig zu betrachten), die man höchstens deshalb leichtfertig übergehen darf, weil es sich hier eben - wie gesagt - um ein weltpolitisch unwichtiges Thema handelt. Oder fast, zumindest.
Mir geht es nun aber darum, dass wir die Ideen hinter der Karenzfrist allgemein nutzbar machen und sämtliche öffentlichen (Medien!) Meinungsäusserungen verbieten sollten, die sich auf Stichworte wie "Zeitenwende", "Jahrhundert-XY", "Epochenende/-anfang", "Revolution", "Paradigmenwechsel" usf. stützen und die sich auf Ereignisse beziehen, die jünger als zehn Jahre sind. Ältere Ereignisse dürften von Historikerinnen und gewöhnlichen Männern auf der Strasse nach wie vor frei in Verbindung mit den verpönten Begriffen kommentiert werden. Das wäre doch etwas. Vielleicht noch nicht der beste, aber immerhin ein Vorschlag, für die Bekämpfung von eiligst abgegebenen, sef-fulfilling prophecies, die sich im Nachhinein als katastrophal erweisen.
moccalover - 25. Apr, 00:35