Bauarbeiten

Vor dem Fenster wird seit einer ganzen Woche der Parkplatz neu gestaltet; ein Baum wurde gefällt, ein Mäuerchen versetzt. Die lauten Arbeiten mit den Maschinen sind schon vorüber, zwei Männer decken noch die letzten Flecken zu. Der junge holt mit der Schubkarre dampfende Teermischung mit süsslichem Geruch, die aus der Öffnung des Kipplastwagens fliesst, leert die Füllung auf die nackte Erde, und der ältere verteilt die Masse mit einem zahnlosen Rechen zu einer gleichmässigen Fläche. Hin und her, hin und her. Am Mittag wird der Platz glänzen.

Auch ich gestalte. Ich versuche, mit der Machete meiner Argumente einen Weg durch das Dickicht eines der tropischen Wildnis gleichen Sachverhaltes zu schlagen und diesen wuchernden Wald in ein hübsches Gärtlein mit festen Wegen zu verwandeln. Ich mühe mich, einladende Lustpavillons aus hölzernen Rechtsinstituten zu zimmern, in denen die Nebelschwaden der suggestiven Überzeugungskraft lauern.

Doch die Schärfe meines Messers hat sich in der Woche abgewetzt. Mein Asphalt der Gedanken ist erkaltet und fliesst nur mehr zäh und unwillkürlich; meine Betonmischung wird nicht halten, zu dick die Steine, zu wenig Zement. Ganz kurz frage ich mich, ob ich gerne mit den beiden Männern tauschen und den Vorplatz teeren möchte.
RunningCouchPotatoe - 26. Aug, 10:55

achja die behörden...

selbst wenn ich wirklich versuche, mir nicht die laune von denen vermiesen zu lassen...es gelingt
mir nicht, zu stümperhaft ist ihr system und die tatsache, das ich von ihrer
gunst abhängig bin, macht mich ganz krank.

aber : behörden sind nicht alles im leben :)

moccalover - 26. Aug, 11:24

das sind sie wirklich nicht ... aber sie können einem manchmal fast das ganze persönliche Problemspektrum abdecken, und das ist sehr belastend!

Ich hoffe aber, dass die gute Laune Dir doch nicht ganz vergeht! Womit haben sie Dich denn im Griff? Oder gehört das nicht hierhin?
RunningCouchPotatoe - 29. Aug, 17:53

naja

ich bin arbeitslos, das heisst ich bin den behörden total ausgeliefert und momentan
macht mich das ziemlich fertig.
moccalover - 29. Aug, 23:58

ich verstehe, das bedeutet Formulare und Unverständnis für alles, was da nicht reinpasst. Und Willkür? Nun ja, ich wollte mit meinem Text nicht suggerieren, dass wir es hier (ja, ich arbeite im weitesten Sinne auf einer Art Behörde) nicht ernst nehmen. Das sollte nur das alltägliche Lamento des Juristen sein, wie es in allen Berufen existiert. Der flüchtige Wunsch nach einem Wechsel. Ich bin nicht etwa unzufrieden, meine Arbeit zu haben, und ich nehme die Menschen ernst, die hinter den Akten stehen. Das kann man leider nicht von allen sagen, ich bin auch noch nicht so lange dabei, manche werden im Alter zynisch oder taub.

Dir wünsche ich aber - und das weisst Du ja - einen guten neuen Job, mit dem Du auch mehr Freiheit erlangen wirst. Wenn Du schikaniert wirst, versuche ich gerne zu helfen. Und ich hoffe, dass Du den Text nicht "falsch" verstanden hast.
untergang - 26. Aug, 15:10

ist das nicht in gewisser weise der wunsch nach einer tätigkeit mit gringst möglicher verantwortung (siehe american beauty)?

moccalover - 26. Aug, 15:29

interessant...

...darüber müsste ich jetzt nachdenken... Meine Verantwortung ist im Moment nicht gerade gross; d.h. es würde sofort bemerkt, wenn ich Fehler machen würde, und man könnte das korrigieren, ohne dass Schaden entstünde. Aber Du hast trotzdem irgendwie recht, jedenfalls sehne ich mich manchmal nach einem Job, bei dem ich den Kopf nicht so sehr benötige. Wohlwissend, dass ich das nicht lange aushalten würde.
untergang - 26. Aug, 15:35

ja genau darum ging - bei mir war das immer der "stempler" bei der post der einfach jedem brief mit einem stempel versieht ...
Modeste - 28. Aug, 10:31

Ach ja, diesen Überdruß kenne ich gut. Ich träume dann immer von einer Konditorei, und manchmal gehe ich tatsächlich einkaufen und backe dann irgendwas. Spätestens nach dem Abwaschen macht der Durchmarsch durch die Paragraphenketten dann aber auch wieder Freude. Es ist wohl mehr die Abwechslung, die fehlt.

moccalover - 29. Aug, 11:00

Konditorei, natürlich... Sie sollten das unbedingt tun, das wäre grossartig. Ich denke, nicht viele Konditorinnen und Konditoren pflegen eine solch p0etische Hingabe zu Torten und Kuchen wie Sie. Andererseits - es sind ja nur Gedankenspiele, die man vielleicht nicht durch Realisationsversuche zerstören sollte.

Abwaschen und Putzen hilft ganz gut, das stimmt. Man sehnt sich nach einfachen Arbeiten, bei denen klar ist, was zu tun ist und was rauszukommen hat.
la-mamma - 28. Aug, 16:22

nur ein kompliment

diesen text finde ich ausgesprochen gelungen.

moccalover - 29. Aug, 10:50

Danke!

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