Singin in the Sun

Unter unserem Bürofenster befindet sich ein wunderbar englisch gemähter und überhaupt gepflegter Rasen, der von einigen Bäumen darauf angenehm beschattet wird. Alles in allem ein willkommenes kleines Stück Raum und Luft in dieser Provinzstadt. Dem Gehsteig entlang, der sich zwischen dem Rasen und der Strasse befindet, stehen drei Bänke, auf denen bei schönem Wetter Opas ausruhen, Teenager ihre Sandwiches und Salate verschlingen und am Nachmittag Mamas tratschen, deren Kinder in den Wägen dämmern oder auf dem Gras herumrennen.

Heute sitzt, auf der Bank ganz rechts, und nicht zum ersten Mal, der Mann im blauen T-Shirt da. Das letzte Mal war er ungefähr während drei Stunden dort. Er sitzt da in seinem blauen T-Shirt, hört über Kopfhörer Musik und singt diese laut und falsch mit. Seinen Kopf drückt er dabei hart und schräg in den Nacken, und ab und zu zuckt er im Takt. Sein Gesang tönt erbärmlich und oft nach Wehklage, aber dennoch wirkt der Mann höchst zufrieden. Die Menschen auf dem Gehsteig gehen vorbei, schmunzeln, ärgern sich, schütteln den Kopf oder schauen peinlich angestrengt gerade nicht hin. Es macht nicht den Eindruck, dass der Mann im blauen T-Shirt sie überhaupt wahrnimmt in seinem Notenrausch.

Ich mag Menschen, die einen Scheiss um Konventionen geben - zumindest, wenn sie sich in diesem Sinne um Normen foutieren.
chaetzle - 10. Aug, 14:20

ich glaube auch, dass diese Manschen zufriedener sind als andere. Und manchmal wünsche ich mir, soviel Selbstbewusstsein, um so ICH zu sein. Denn das ist es. Er ist so, wie er ist. Er verstellt sich nicht. Beneidenswert.

moccalover - 10. Aug, 15:33

Schön, dass Sie das auch so sehen, Frau chaetzle. Ja, tatsächlich ist er beneidenswert, jedenfalls in diesem Punkt. Was den Mann im blauen T-Shirt sonst plagt oder freut, entzieht sich meiner Kenntnis. Es geht ja auch nicht darum, dass wir jetzt alle uns hinsetzen und laut singen, aber wir können das zum Anlass nehmen, uns selber ein bisschen freier zu fühlen, wenn wir unter Menschen sind. Natürlich gäbe es auch störende Freiheiten, die sich der eine oder andere da nähme, aber ich meine ja Freiheit, und nicht Egoismus. Und als störend werden solche Situationen oft deswegen empfunden, weil man sich selber nicht trauen würde, darum die sich Trauenden beneidet und das Ganze dann als abnormale Störung der heiligen Normalität abtut.
chaetzle - 10. Aug, 15:39

Nein, es geht nicht darum, dass wir jetzt alle singend und tanzend durch die Strassen laufen. Aber wie oft "verkneift" man sich Dinge, weil man denkt, dass andere denken, dass ich denke,... Warum nicht einfach so sein wie man ist. Ungekünstelt. Traurig sein, wenn man traurig ist, lachen,wenn einem zum Lachen ist, tanzen und singen, wenn man will. Sich immer nur in Schablonen pressen macht auf Dauer krank. Die meisten Krankheiten sind geistig und seeleisch bedingt. Verkümmerte Seelen. Verkümmerte Emotionen, unterdrückte Emotionen. Schade. Dies unterscheidet uns doch von den Tieren und Pflanzen. (obwohl ich denke, dass auch die Empfindungen haben- sie aber nicht so ausleben können wie wir Menschen.)

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