macker und tussen
SCHMEISST DIE MACKER IN DIE AARE! Das steht in riesigen weissen Lettern auf einem geteerten Weg dem Fluss Aare entlang. Da, wo man von der breiten Eisenbahnbrücke bis hinunter auf den Fluss, den Weg und das Freibad sieht. Da, wo an Sommersonntagen Hunderte barfuss über den heissen Belag flussaufwärts watscheln, um dann wieder hinunter zu schwimmen. Und gleich im Anschluss an die im gemütlichen Gehschritt zwanzig Sekunden lange Botschaft ist noch breiter, aber in dezidiert anderer Schrift gepinselt worden: UND DIE TUSSEN HINTERHER! Das alles stand jedenfalls lange Zeit selbst aus der Ferne gut lesbar da.
Herr Tobler weiss, dass es sich hier um eine Ausdrucksweise feministischer Denkart handeln muss. Macker – das sind schlimmstenfalls alle, und besserenfalls bloss die machohaften Männer. Aber letztlich können ja eigentlich doch alle Männer zu den machohaften gezählt werden. Solche Gedanken faszinieren Herrn Tobler. Und die Versenkung des Bösen im Fluss; diese ehrliche und blinde Radikalität, die aus alten Zeiten stammt, in denen es noch Eindeutigkeit zu geben schien, sie erwärmt seinen Bauch immer wieder.
Die Zuordnung des hinzugefügten Männerspruches jedoch fiel ihm immer schwer; nie hat er dieses Problem lösen können. Fast alles ist möglich – vom dialektisch denkenden und auch agierenden, ebenfalls feministischen Aktivisten, der die Selbstaufgabe der Frauen in körperästhetischen Oberflächlichkeitsfragen anprangert, bis zum enervierten Gelegenheitshiphopper, der sich in seiner zugelegten Ehre verletzt fühlte. Jedenfalls wirkt der Zusatz ungemein entlastend, ironisch und ausgleichend. Und die Diskussion kommt durch ihn, wie auch immer er ursprünglich gemeint war, erst recht in Fahrt, meint Herr Tobler.
Wenn eine Stadt noch so dörflich ist, dass es etwas gibt, das schlechthin alle tun müssen, dann, so dachte Herr Tobler nach seinem Zuzug, müsse er es auch tun, besonders wenn es eben doch freiwillig sei und man dadurch seine ganz besonders starke Zugehörigkeit beweisen könne. Sofort hatte er damals Gefallen an sommerlichen Bädern im kühlen Fluss gefunden, und jedes Mal, wenn seine Füsse die glitschigen Buchstabenstriche auf dem Weg überschritten, freute er sich über diese Denkanregung inmitten des vergessenden Vergnügens. Auch wenn er mit dem Zug gen Osten die Stadt verliess, empfand er ob dieser Erdreistung, ausserhalb der grossen Werbeplakate eine so grosse Fläche öffentlichen Raums derart geschickt für eine Mitteilung zu instrumentalisieren, leise Genugtuung und Anerkennung.
Wenn er inmitten der Leute, die vor, neben und hinter ihm schritten, den Weg hinaufging und verstohlen mal da, mal dort die Beine, den Rücken, den Gang einer Frau beobachtete, fühlte er sich als armer Macker, der nichts Besseres als das Ertrinken verdient hat. Und er wünschte den Frauen auch zuweilen, dass nichts anderes sie erwarte. Und so kam er manchmal mit sich ins stille Streitgespräch und heizte sich auf, weil die weiss gemalten Sprüche auf diesem Weg doch nicht zu vergessen waren. Erst im Wasser konnte er sich dann wieder beruhigen und seine Gedanken weglenken. Er war dankbar für die Sprüche, sie weckten ihn immer wieder.
Seit ein paar Monaten allerdings würde Herr Tobler, spräche ihn jemand darauf an, bei der Thematik der Wegbemalung sehr verärgert reagieren. Ohne dass er jemals bemerkt hätte, dass jemand anderes sich auch darüber ergeistert oder es zumindest wahrnimmt, hat die Bauverwaltung seiner Stadt dieses Kunstwerk nicht als solches erkannt. Sie hat es im Zuge der mit graugrüner Farbe durchgeführten Wiederherstellungsaktion für Betonflussmauern mitsamt allen sonstigen, ordinären Graffiti dem Teerboden gleichgemacht. Herr Tobler sieht wohl dem Grundsatz nach ein, dass der öffentliche Raum nicht unbegrenzt mit Mitteilungen verseucht werden darf; besonders nicht mit solchen, die niemand kommerziellen Vorteil bieten. Doch hier glaubt er an einen Kardinalfehler.
Herr Tobler fühlte sich traurig heute, als er im Zugbistro wieder über die Brücke fuhr, hinter einem schwitzenden Mann auf seine Teebestellung bei der deutschen Kellnerin und auf den Kassenbon wartete und nur noch mit Unterstützung seiner Erinnerung die Sprüche in den eintönig grauen Flecken auf dem Weg unten erkennen konnte. Er überlegte sich, ob er brieflich bei der Stadt intervenieren sollte. Der Stadtpräsident immerhin wäre der Letzte, der sich Kulturnähe absprechen lassen möchte. Und überdies war der auch schon einmal der Chef der Bau- und Antisprayabteilung. Zugleich aber dachte Herr Tobler, dass vielleicht die ignorante Beendigung des Kunstwerkes dessen einzigartigen Charakter erst recht veredelte und besiegelte.
Herr Tobler weiss, dass es sich hier um eine Ausdrucksweise feministischer Denkart handeln muss. Macker – das sind schlimmstenfalls alle, und besserenfalls bloss die machohaften Männer. Aber letztlich können ja eigentlich doch alle Männer zu den machohaften gezählt werden. Solche Gedanken faszinieren Herrn Tobler. Und die Versenkung des Bösen im Fluss; diese ehrliche und blinde Radikalität, die aus alten Zeiten stammt, in denen es noch Eindeutigkeit zu geben schien, sie erwärmt seinen Bauch immer wieder.
Die Zuordnung des hinzugefügten Männerspruches jedoch fiel ihm immer schwer; nie hat er dieses Problem lösen können. Fast alles ist möglich – vom dialektisch denkenden und auch agierenden, ebenfalls feministischen Aktivisten, der die Selbstaufgabe der Frauen in körperästhetischen Oberflächlichkeitsfragen anprangert, bis zum enervierten Gelegenheitshiphopper, der sich in seiner zugelegten Ehre verletzt fühlte. Jedenfalls wirkt der Zusatz ungemein entlastend, ironisch und ausgleichend. Und die Diskussion kommt durch ihn, wie auch immer er ursprünglich gemeint war, erst recht in Fahrt, meint Herr Tobler.
Wenn eine Stadt noch so dörflich ist, dass es etwas gibt, das schlechthin alle tun müssen, dann, so dachte Herr Tobler nach seinem Zuzug, müsse er es auch tun, besonders wenn es eben doch freiwillig sei und man dadurch seine ganz besonders starke Zugehörigkeit beweisen könne. Sofort hatte er damals Gefallen an sommerlichen Bädern im kühlen Fluss gefunden, und jedes Mal, wenn seine Füsse die glitschigen Buchstabenstriche auf dem Weg überschritten, freute er sich über diese Denkanregung inmitten des vergessenden Vergnügens. Auch wenn er mit dem Zug gen Osten die Stadt verliess, empfand er ob dieser Erdreistung, ausserhalb der grossen Werbeplakate eine so grosse Fläche öffentlichen Raums derart geschickt für eine Mitteilung zu instrumentalisieren, leise Genugtuung und Anerkennung.
Wenn er inmitten der Leute, die vor, neben und hinter ihm schritten, den Weg hinaufging und verstohlen mal da, mal dort die Beine, den Rücken, den Gang einer Frau beobachtete, fühlte er sich als armer Macker, der nichts Besseres als das Ertrinken verdient hat. Und er wünschte den Frauen auch zuweilen, dass nichts anderes sie erwarte. Und so kam er manchmal mit sich ins stille Streitgespräch und heizte sich auf, weil die weiss gemalten Sprüche auf diesem Weg doch nicht zu vergessen waren. Erst im Wasser konnte er sich dann wieder beruhigen und seine Gedanken weglenken. Er war dankbar für die Sprüche, sie weckten ihn immer wieder.
Seit ein paar Monaten allerdings würde Herr Tobler, spräche ihn jemand darauf an, bei der Thematik der Wegbemalung sehr verärgert reagieren. Ohne dass er jemals bemerkt hätte, dass jemand anderes sich auch darüber ergeistert oder es zumindest wahrnimmt, hat die Bauverwaltung seiner Stadt dieses Kunstwerk nicht als solches erkannt. Sie hat es im Zuge der mit graugrüner Farbe durchgeführten Wiederherstellungsaktion für Betonflussmauern mitsamt allen sonstigen, ordinären Graffiti dem Teerboden gleichgemacht. Herr Tobler sieht wohl dem Grundsatz nach ein, dass der öffentliche Raum nicht unbegrenzt mit Mitteilungen verseucht werden darf; besonders nicht mit solchen, die niemand kommerziellen Vorteil bieten. Doch hier glaubt er an einen Kardinalfehler.
Herr Tobler fühlte sich traurig heute, als er im Zugbistro wieder über die Brücke fuhr, hinter einem schwitzenden Mann auf seine Teebestellung bei der deutschen Kellnerin und auf den Kassenbon wartete und nur noch mit Unterstützung seiner Erinnerung die Sprüche in den eintönig grauen Flecken auf dem Weg unten erkennen konnte. Er überlegte sich, ob er brieflich bei der Stadt intervenieren sollte. Der Stadtpräsident immerhin wäre der Letzte, der sich Kulturnähe absprechen lassen möchte. Und überdies war der auch schon einmal der Chef der Bau- und Antisprayabteilung. Zugleich aber dachte Herr Tobler, dass vielleicht die ignorante Beendigung des Kunstwerkes dessen einzigartigen Charakter erst recht veredelte und besiegelte.
moccalover - 4. Nov, 22:11
hui
[Edit: hast Du den Spruch von den Mackern auch mal gesehen?]