feierabendverkehr
Er dreht sich eine Zigarette, öffnet das Fenster und stützt seine Unterarme auf den Sims. Die metallene Verschlusskante des Fensterrahmens drückt in seinen Bauch. Er blickt auf die volle Strasse hinunter; es ist schon fast dunkel und es regnet stark. Der schwarze Teerbelag spiegelt jedes Licht, das ihn erreicht. Die orangenen Strassenlampen, die an Stahlseilen angemacht im Wind zwischen den Häusern baumeln; die roten, gelben und grünen Ampeln, die an den Wegweisertafeln über der Kreuzung konzertiert ihr Leuchten ändern; die Xenonscheinwerfer der Autos, welche die Spritzbögen ihrer Vorderfahrzeuge bläulich weiss erglühen lassen; die gelblich erhellten Zugfenster, die vorbeihuschen und die Reisenden im Daumenkino vorführen - all ihr Licht trifft sich im Schwarz des nassen Asphaltes.
Er bestaunt diese bunte Farbenwelt im Dunkel, die ihm wegen der im Kreise kurvenden Autokolonnen wie ein Jahrmarktkarussell vorkommt. Über die Brücke hört man Sirenen herannahen; hinter den Hochhäusern werden die Regenwolken von grünlichen Stadionflutlichtern beschienen. Der schönste aller Scheine aber kommt von den gelben Ahornblättern, die zu Tausenden im Regenwasser auf der Strasse, dem Spiegel dieser Verkehrsleuchtwelt, liegen. Noch, so denkt er, noch gebt ihr euer Letztes, um mich zu freuen; und ob all eurer Anstrengung selbst in eurem Sterben kann ich es euch nicht verdenken, dass ihr mich den ganzen Winter über alleine lasst, erst im Mai eure Nachkommen schickt.
Beim Fenster nebenan kommt kein Licht heraus. Der ist nun ausgezogen. Der andere feiert mit seiner Familie. Sie haben nun beide das Examen geschafft, das zum Leitmotiv seines nächsten Jahres werden wird. Er hat sich ein bisschen mit ihnen gefreut, aber vor allem sich zurückgelassen gefühlt. Welcher Egoismus sich offenbaren kann, wenn die Welt einem die Schultern ein wenig niederdrückt. Das kalte Discounterdosenbier, das er in seine Kehle schüttet, lässt ihn kurz schaudern und seinen Brustkorb verkrampfen. Und aus dem Bauch steigt langsam eine Wärme zurück zum Kopf; der Feierabend kommt an. Schöner, guter Feierabend, so sollst du sein, murmelt er, und zugleich denkt er daran, dass das nicht immer so sein kann, dass er doch alles einmal ändern wollte.
Er bestaunt diese bunte Farbenwelt im Dunkel, die ihm wegen der im Kreise kurvenden Autokolonnen wie ein Jahrmarktkarussell vorkommt. Über die Brücke hört man Sirenen herannahen; hinter den Hochhäusern werden die Regenwolken von grünlichen Stadionflutlichtern beschienen. Der schönste aller Scheine aber kommt von den gelben Ahornblättern, die zu Tausenden im Regenwasser auf der Strasse, dem Spiegel dieser Verkehrsleuchtwelt, liegen. Noch, so denkt er, noch gebt ihr euer Letztes, um mich zu freuen; und ob all eurer Anstrengung selbst in eurem Sterben kann ich es euch nicht verdenken, dass ihr mich den ganzen Winter über alleine lasst, erst im Mai eure Nachkommen schickt.
Beim Fenster nebenan kommt kein Licht heraus. Der ist nun ausgezogen. Der andere feiert mit seiner Familie. Sie haben nun beide das Examen geschafft, das zum Leitmotiv seines nächsten Jahres werden wird. Er hat sich ein bisschen mit ihnen gefreut, aber vor allem sich zurückgelassen gefühlt. Welcher Egoismus sich offenbaren kann, wenn die Welt einem die Schultern ein wenig niederdrückt. Das kalte Discounterdosenbier, das er in seine Kehle schüttet, lässt ihn kurz schaudern und seinen Brustkorb verkrampfen. Und aus dem Bauch steigt langsam eine Wärme zurück zum Kopf; der Feierabend kommt an. Schöner, guter Feierabend, so sollst du sein, murmelt er, und zugleich denkt er daran, dass das nicht immer so sein kann, dass er doch alles einmal ändern wollte.
moccalover - 4. Nov, 22:17