Mittwoch, 21. Dezember 2005

zugfenstergedanken.

Man wird sagen können, und dafür stilles Zunicken ernten, dass die Leute sich rasch daran gewöhnten; damals, als das absolute Verbot des Rauchens auf sämtliche Eisenbahnwagen ausgedehnt wurde. Genauso, wie man im Lift schon lange nicht mehr daran dachte, eine Zigarette anzustecken, und man es auch bei einem Bewerbungsgespräch wie selbstverständlich unterliess, genauso dachte man im Zug schon bald nicht mehr ans Rauchen, das nur noch unter freiem Himmel zu sehen war. Immer mehr spürte man, so wird man sagen können, dass Züge kein Ort sind, an dem man rauchen kann, denn man roch nichts mehr, und man sah niemanden rauchen. Und an solchen Orten war man ohnehin im Allgemeinen sehr vorsichtig geworden; man war damals sehr empfindlich für die Blicke anderer. Man wird sagen können, dass man vielleicht seine Gewohnheiten ein wenig verlagerte und bald ganz einfach nicht mehr daran dachte. Schriftsteller und Kolumnisten hätten während einiger Zeit noch nostalgisch den Verlust beklagt, dass man nun nicht mehr den feinen Rauchfäden zusehen könne, die vor dem grossen Fenster emporstiegen, wie sie bei all der vorbeischiessenden Landschaft ihre eigenartige Ruhe bewahrten. Andere wiederum hätten noch eine Zeit lang entnervt davon geschrieben, wie sich nunmehr die klassische Kundschaft der Raucherabteile mit all ihren Besonderheiten über den ganzen Zug gleichmässig verteilte. Doch bald darauf, wird man sagen können, sei es ruhig geworden.

In Österreich stifteten letzthin Raucherabteile in schweizerischen Eurocitywagen Verwirrung, da die Aschenbecher noch nicht verklebt waren, die Piktogrammzigarette an der Wand über der Tür indes schon rot durchgestrichen war. Einer nahm sich sein Recht in seinem Land, rauchte viel und liess die Kopfhörer scheppern; er erzürnte sogleich andere, die im Vertrauen aufs Verbot schräg vor ihm Platz genommen hatten. Dass in einem Provinzbahnhof zwei Polizisten einstiegen, ein paar Pässe kontrollierten und den stetig Rauchenden durchsuchten, im Computer nachschlugen und schliesslich mitnahmen, hatte jedoch sicherlich andere Gründe.

Ich habe heute im Zug während vierzig Minuten ein berühmtes Energiegetränk gerochen, das sich mein Wagennachbar einflösste. Und in Spitälern sind die meisten Mitarbeitenden weiss angezogen; nur beim Putz- und Küchenpersonal gibt es grössere und kleinere farbliche Abweichungen. Selbst der Lift wird im Spital desinfiziert, es riecht da wie an den Händen eines Zahnarztes bei der Arbeit. Im Krankenhaus sind alle auf einer Plastikplakette angeschrieben, welche das moderne Logo des Spitals trägt. Man erfährt ihren Namen und ihre Funktion. Sie lächeln häufig, wenn man durch die Gänge geht; sie erledigen eine Vielzahl anspruchsvoller Berufe und sind sehr freundlich, wenn sie im Zimmer vorbeischauen. Sie haben alle ihre Geräte und Techniken, und sie sagen immer, was sie mit einem machen werden; immer fragen sie, ob sie das dürften. Sie stehen Schlange, treten einer nach dem anderen ins Zimmer und verrichten ihren Dienst am Körper, und manchmal auch an der Seele. Sie erdenken sich sogar, mehr Butter an die Nudeln zu geben für einen Körper, der verhungern will.

bettfreundschaft.

Ich muss wieder Freundschaft schliessen mit meinem Bett. Ich muss ihm die Zeit widmen, die es von mir will. Ich muss es sachte umarmen, und ich muss im Frieden zu ihm gehen, wenn ich schlafen will. Ich muss annehmen, was es mir an Gedanken und Träumen geben will. Ich muss es heiter begrüssen, dann werde ich es heiter verlassen.

Denn der beste Moment ist der vor dem Einschlafen, in dem die Gedanken noch verständlich, aber nicht mehr beherrschbar sind - in dem neue und verquere Gedanken herumschwirren in der Müdigkeit und sich manchmal im Geäste des Vorhandenen verfangen. Dass diese Gedanken so oft gleich wieder zerfallen, sich so rasch verflüchtigen und verlieren, ist diesem Moment zwischen den Welten geschuldet, das darf nicht verstören.

status checken

Du bist nicht angemeldet.

nuusche

 

erinnern

Dezember 2005
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 9 
10
11
13
14
15
16
17
18
19
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
 
 

beobachten

wer hat das angerichtet?
Die Ursache? Es ist nicht die Gier. Es ist der Glaube...
moccalover - 12. Mai, 22:39
dem gedanken folgen.
sobald ich versuche, alles in mehr oder minder stummes...
moccalover - 19. Nov, 22:36
unternehmensethik.
es ist doch nicht das unternehmen, das ethisch sein...
moccalover - 19. Nov, 22:34
und was das heisse, wenn...
und was das heisse, wenn jemand jemand sei.
moccalover - 19. Nov, 22:33
danke. wenn nur die umsetzung...
danke. wenn nur die umsetzung so einfach wie die erkenntnis...
moccalover - 19. Nov, 22:31
wer das eigentlich sei
wer das eigentlich sei
Reh Volution - 10. Nov, 07:32
da steckt viel wahrheit...
da steckt viel wahrheit drin.
me. (Gast) - 7. Nov, 21:10
danke!
danke!
moccalover - 6. Nov, 00:20
das verbrechen.
Das grösste, das ursprünglichste und verheerendste...
moccalover - 6. Nov, 00:05
nah und fern.
Leo drehte die Bierflasche langsam auf den Kopf, und...
moccalover - 6. Nov, 00:05
selbstbewusst.
selbstbewusstsein heisst nicht, sich überlegen zu fühlen nicht,...
moccalover - 6. Nov, 00:04
die vorstellung und das...
gibt es etwas Schöneres, als etwas unvermittelt zu...
moccalover - 6. Nov, 00:02
um zu
um zu
Reh Volution - 12. Okt, 08:12
um mich herum.
Das Leben. Ein Schlüssel, der mir Haus und Wohnung...
moccalover - 12. Okt, 00:43
Sandwichs.
Du hast jemand, der für dich Sandwichs streicht. Da...
moccalover - 2. Sep, 22:53

blogleben

Online seit 6866 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

ehrerweisen


Bilder im Kopf
Faul
Grundlegendes
kieselsteingeraeusche
Kreativ
Naechtlichtaeglich
Offene Fragen
oTon
Personen
Politik
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren